Bologna 2025 – Mehr als nur eine Exkursion in die Stadt der vielen Namen

Vom 28.09. bis zum 05.10.2025 reise eine Gruppe von Studierenden der Abteilung Italienisch nach Bologna. In ihrem Bericht zeigen die Teilnehmer:innen, wie sich die vier Beinamen der Stadt (la grassa, la turrita, la rossa und la dotta) vor Ort erleben lassen.

Noch bevor wir in Zug, Auto oder Flieger stiegen, wurden wir mit einem ersten Fakt konfrontiert. „Bologna“ ist tatsächlich nur einer der Namen der norditalienischen Stadt. Denn bekannt ist sie unter vielen anderen, die in Geschichte, Kultur und Lebensgefühl fest verankert sind: la grassa, la turrita, la rossa und la dotta.

Wir, Studierende der italienischen Sprache, hatten das Privileg, Bologna unter allen diesen kennenzulernen und wollen Sie in diesem Bericht mitnehmen und erleben lassen, wie die Stadt ihren vier Titeln gerecht wird, wenn auch nur mit einem Teil des Spaßes, den wir selbst dabei hatten.

Bologna è una città meravigliosa, caratterizzata da splendidi portici e numerose chiese imponenti.Annika

La grassa – Essen und Wohlstand

Direkt am ersten Abend konnten wir den ersten Titel der Stadt mit unseren Geschmacksnerven bezeugen, „la grassa“ oder zu Deutsch „die Fette“.

Den ersten Beinamen trägt die Stadt aus einem sehr einfachen Grund, dem guten Essen. So begannen wir unsere Exkursion mit einem ersten abendlichen Schmaus in einem der lokalen Restaurants, bei netten Gesprächen über die Anstrengungen der Reise.

Der Beiname „la grassa“ steht aber auch für den Wohlstand der Stadt. Hier floriert die Industrie, vor allem die der Motoren. Wir besuchten das Ducati-Werk. Von den ersten Motorrädern der Rennsportmarke bis hin zum aktuellen Champion konnten wir alle Varianten bestaunen. Wir erhielten sogar Einblicke in die Fabrik selbst, wo uns die wesentlichen Schritte bis zum fertigen Motorrad gezeigt wurden.

La turrita – Türme und Geschichte

Am ersten Tag hatten wir eine facettenreiche Stadtführung, geleitet von Paola Cesaroni, Carla Ferrara und Davide Schenetti. Unsere Schritte führten uns durch verwinkelte Gassen direkt zur Piazza Maggiore. Dort beeindruckte uns die Basilica di San Petronio, die, obwohl sie nie fertiggestellt wurde, das Schmuckstück der Stadt ist.

Weiter ging es zum Herzstück Bolognas, den zwei berühmten Türmen, Asinelli und Garisenda, und damit auch zum zweiten Titel, nämlich „la Turrita“ („die Getürmte). Denn einst ragten über hundert von diesen Türmen über den Dächern der Stadt und zeugten vom Reichtum und Ehrgeiz der damaligen Adelsfamilien, die sich mit immer höheren Bauten übertrumpften. Heute sind leider nur noch wenige dieser Bauwerke erhalten, doch die bekanntesten beiden prägen bis heute die Skyline Bolognas und erinnern an jene Zeit, in der Bologna wortwörtlich in den Himmel wuchs.

La rossa – Stadtbild und Einstellung

Ein weiterer Name, den Bologna trägt, ist „La Rossa“ bzw. „die Rote“, denn die Stadt ist bekannt für ihre kraftvoll farbigen Fassaden, gebaut in rotem Stein, der sogar als „Der Ziegel von Bologna“ bekannt ist. Damals, als die Stadt erbaut wurde, hatte die Nutzung von Lehmziegeln hauptsächlich praktische Beweggründe, doch heute macht die feurige Färbung die Stadt zu einem ästhetischen Unikat. Auch ein Blick von oben, als wir auf den am Piazza Maggiore gelegenen Uhrenturm stiegen, bot eine phantastische Aussicht auf ein Meer von roten Dächern.
Unter den mehr als 350 Farbnuancen von Gelb bis Rot, die die Hauswände schmücken, findet sich auch das Santuario della Madonna di San Luca. Eine Kirche, die durch ihre schlichte aber strahlende Fassade ausgezeichnet ist. Nach einer „kleinen“ Wanderung, die sich über 3,8 Kilometer erstreckte und von 666 Arkaden gesäumt wird, konnten wir dieses Wunderwerk betrachten.

Aber Bologna hat auch eine in politischer Hinsicht „rote“ Geschichte und Tradition. Sie ist eine Stadt, in der Partizipation und Mitbestimmung gelebt werden und in der soziales Engagement einen fruchtbaren Boden findet.

Abstecher nach Modena

Zwar gehört diese Fassade nicht zu Bologna (sie ist ja auch nicht rot…), aber auch in einer der umliegenden Städte wurden wir von der architektonischen Schönheit Italiens überzeugt. Der Dom von Modena versetzte uns in pures Erstaunen. Seine Fassade spiegelt nicht nur das Leben ihrer Zeit wider, sondern stellt zudem detailliert die Geschichten der Bibel dar. Auch die 86 Meter Höhe des „Torre Ghirlandina“ schreckte uns nicht ab und das Erklimmen des Turmes lohnte sich, angesichts der atemberaubenden Aussicht über Modena, die sich uns bot.

Auch dort kamen wir in Form eines BalsamicoTastings in den Genuss des guten Essens. Ganz unter dem Motto „Gut Ding braucht Weile“ dauert der Prozess von der Traube bis zum Essig mindestens 12 Jahre, doch die Zeit lohnt sich, wie wir nicht nur lernen, sondern auch schmecken durften.

La dotta – die Welt an der Universität, von der Universität in die Welt

Im Verlauf unserer Reise erhielten wir auch spannende Einblicke in das universitäre Leben, ganz im Zeichen von „la Dotta“ – „die Gelehrte“. Bologna ist das Zuhause der Alma Mater Studiorum, der ältesten Universität der westlichen Welt. Zuerst besuchten wir das erste Gebäude der Universität, das Archiginnasio mit seinen unzähligen Wappen und v.a. das Teatro anatomico, wo Leichen seziert wurden, und die Aula der Stabat Mater.

Aber Bologna ist nicht nur die Wiege der ältesten Universität des Abendlandes, sondern auch Sitz einer großen, modernen und vielfältigen Universität. Die Stadt wimmelt von Studierenden. Sie prägen das Stadtbild und sehen sich auch als einen wichtigen gesellschaftlichen Akteur der Stadtgemeinschaft.

Wir dürften zwei Veranstaltungen des Kurses für Medienkommunikation von Prof. Riccardo Brizzi besuchen, bei denen Massimo Sciacca und Luca Santese (Collettivo Cesura) zu Gast waren, zwei Fotografen, die mit einem WordPress-Award ausgezeichnet wurden und die ihre Arbeit, ihr Leben und ihre Passion vorstellten: gesellschaftskritische Hochkunst.

Und vom Zuhören über die Kunst des Fotografierens zum eigenen Foto in der Zeitung: Ein Bild von uns hat es in die lokale Presse geschafft! „Il Resto del Carlino” (komischer Name, schöne Geschichte…) lud uns ein, und wir durften den gesamten Weg von der Story bis zum Druck verfolgen. Der stellvertretende Chefredakteur Valerio Baroncini nahm sich Zeit, uns von seiner Arbeit zu erzählen und wie es im März 1885 zur Gründung und ersten Ausgabe der Zeitung kam.


Ravenna – Die Mosaikkunst

Unser Weg, geleitet von „la Dotta“, hörte jedoch nicht mit den Universitätsräumen auf, sondern führte uns nach Ravenna und zur Grabstätte des Schriftstellers Dante, der selbst zu seiner Zeit oft und lange in Bologna zu Besuch war. Doch Ravenna ist nicht nur für den Dichter bekannt, sondern ganz besonders auch für die einzigartige Mosaikkunst, die sich überall in der Stadt findet – besonders die Kirchen sind damit reichlich geschmückt. Mit viel Präzision, Zeit und Hingabe entstehen hier aus kleinen Steinen wunderschöne Gemälde und wir erhielten sogar Einblick in das Leben von Mosaikkünstlern und durften selbst versuchen, Steine in die richtige Größe zu schlagen.

Zurück in Bologna wurden wir als krönender Abschluss am Tag des Heiligen Petronio (Schutzheiligen der Stadt Bologna) auf der Piazza Maggiore mit einem atemberaubenden Feuerwerk verabschiedet.

Eine Erkenntnis zum Schluss

Eines stand am Ende der Reise für uns alle fest: Kultur und Sprache gehen Hand in Hand und der einzige Weg, um beides zu erlernen, ist es, auch beides zu erleben. So ist es tatsächlich schwer, sich Wörter von der Karteikarte direkt ins Gehirn zu brennen, die vier Beinamen, die nun auch Sie kennen, sind in unseren Gehirnen nun fest verankert.

„Mi chiamo Pietro perché tornerò indietro“ 🙂Ariana

Ein besonderer Dank gilt den Lehrkräften der Abteilung Italienisch – Paola Cesaroni, Carla Ferrara und Davide Schenetti, die uns begleiteten. Mit viel Hingabe und Engagement machten sie die Exkursion zu einem vollen Erfolg. Jede Aktivität war informativ und gleichermaßen amüsant. Durch ihre Offenheit und ihr Interesse an uns als Gruppe schafften sie es, dass wir uns alle rundum wohl fühlten und eine einzigartige Woche miteinander verbringen konnten.